Die Möglichkeit, aus der früheren Harvey-Kaserne einen Solarpark zu machen, hat vor wenigen Wochen alle überrascht. Auch den Vorsitzenden des Luftsportclubs Kitzingen. Herbert Sattlers Botschaft: Der Verein ist am Leben und wir kämpfen für den Flugplatz!
Wer hätte das gedacht? Auf dem früheren Kasernen-Gelände der Harvey-Barracks können nun doch großflächig Solarkraftwerke gebaut werden; eine politische Kehrtwende macht´s möglich. Jahrelang war die sonnige Nutzung der Naturschutzflächen (FFH) ausgeschlossen worden; seit einigen Wochen ist klar: Es geht doch. „Schön!“, denkt man zunächst. Näher betrachtet, ist die Solar-Option ein zweischneidiges Schwert. Sie heizt zum einen die „Preis-Frage“ an, zum anderen – erneut – die Diskussion um die beste Verwendung der Flächen.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wollte das Gelände schon immer nur für eine Summe verkaufen, die selbst Oberbürgermeister Siegfried Müller (UsW) als „utopisch“ bezeichnete. Da liegt die Vermutung nahe, dass die BImA nun erst recht Kapital wittert. Herbert Sattler, Vorsitzender des Luftsportclubs Kitzingen (LSC), spricht die entscheidende Frage aus: „Wenn der Investor, der am meisten zahlt, auch die Start- und Landebahn mit Solarzellen zupflastern will –was wird dann aus dem Sonderlandeplatz?
Die Hängepartie um die Zukunft des Areals dauert nun schon fünf Jahre an – seit dem Abzug der Amerikaner. Der Luftsportclub Kitzingen (LSC), der in den 90er Jahren an einem einzigen Flugtag 20 000 Gäste auf dem Kitzinger Flugplatz mit JU52-Vorführungen, Spitzen-Seglern und abendlichem Ballonglühen faszinierte, möchte eine neue Blütezeit erleben und den vom Stadtrat beschlossenen Sonderlandeplatz betreiben. Die Hürden, die bis dorthin zu überwinden sind, kann der LSC aber nicht alleine nehmen. „Die Zeit drängt“, sagte Sattler gestern gegenüber der „Kitzinger“.
Wie läuft das Vereinsleben derzeit?
Herbert Sattler: Seit Jahresanfang dürfen wir in Kitzingen nur noch Segelflug betreiben. Der Grund ist, dass die vom Luftamt Nordbayern geforderte Unbedenklichkeitsbescheinigung hinsichtlich Kampfmitteln auch nach zwei von der BImA beauftragen Bodenuntersuchungen nicht vorliegt. Unsere Motorflugzeuge stehen also notgedrungen in Giebelstadt. Das verursacht zusätzliche Kosten. Diese Kosten müssen wir – ebenso wie die übrigen Betriebsausgaben – durch den Verein tragen, haben aber im Gegenzug keine Einnahmen durch Gastflieger oder Flugtage.
Alles in allem ist die Situation schwierig. Allerdings haben wir eine sehr motivierte, leistungsstarke Truppe. Alle zusammen kämpfen wir engagiert für die Zukunft unseres Flugplatzes. Weil wir wissen: Der Flugplatz ist für ganz Kitzingen ein großer Gewinn.
So wie der LSC selbst auch?
Das denke ich schon! Kitzingen kann stolz auf seinen LSC sein. Wir sind keineswegs elitär, bei uns kann jeder fliegen lernen. Segelflug ist sogar ein ganz preiswertes Hobby. Unsere Jugendarbeit ist spitze. Wir haben aktuell sogar einen Vize-Europameister im Segelflug. Wie sagt man so schön: Wir sind ein leistungsfähiger und -williger Verein! Wir können den Flugplatz wirtschaftlich betreiben.
Gibt es Leute, die das noch immer bestreiten? Immerhin hat der Stadtrat schon im Januar 2010 beschlossen, den Kitzinger Flugplatz mit Hilfe des LSC als Sonderlandeplatz und damit Wirtschaftsfaktor zu etablieren.
Das Problem ist: Nach wie vor sehen nicht alle einen Nutzen im Flugplatz – und wir haben ja noch keine Möglichkeit, sie zu überzeugen. Die Gegner weisen nun darauf hin, dass Solarmodule eventuell komplett flächendeckend aufgebracht werden könnten. Fakten gibt es dazu aber noch nicht. Leider lässt sich das Luftamt nicht ewig hinhalten. Es wird uns das Flugrecht entziehen und so schnell nicht wiedergeben, wenn wir nicht in absehbarer Zeit über die Fläche verfügen und die Kampfmittelräumung endgültig in Auftrag geben können.
Das Harvey-Gelände umfasst gut 330 Hektar. Wie groß ist denn die Fläche, die man für einen funktionierenden Flugbetrieb bräuchte?
Wir würden zirka zehn bis 15 Prozent der 130 Hektar großen Fläche rund um den Flugplatz benötigen – knapp 20 Hektar.
Dann ließe sich also der Sonderlandeplatz auch gut mit einem Standort für regenerative Energien vereinen?
Natürlich, sehr gut sogar. Ich hatte sehr konstruktive Gespräche mit Fachleuten aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Wir sehen generell gute Synergieeffekte; vorstellbar wäre sogar, dass Kitzingen ein Vorreiter auf dem Gebiet der Elektrobetriebenen Flugzeuge wird. Umweltfreundliches Fliegen passt ideal zu regenerativen Energien. Beides sind Zukunftsbranchen. Generell gibt es genug Beispiele, wo ein Sonderlandeplatz und ein Solarpark wunderbar harmonieren: am Schenkenturm in Würzburg, in Giebelstadt, in Neustadt an der Weinstraße oder Rothenburg in der Oberlausitz.
Es heißt immer wieder, die Kampfmittelräumung sei ein Riesenproblem. Wie sehen Sie das?
Tatsächlich könnte man relativ einfach und schnell die geforderte Unbedenklichkeitsbescheinigung des Luftamtes erhalten – ein diesbezügliches Angebot auf Grundlage der beiden BImA-Untersuchungen liegt dem LSC vor. Für 50 000 Euro wären die Bedingungen, die das Luftamt für die Flugbetriebsflächen stellt, erfüllt. Tatsächlich muss man nur nach Giebelstadt schauen: Was dort gelaufen ist, kann in Kitzingen auch funktionieren.
Was muss dazu jetzt passieren?
Derzeit erlebe ich in meiner sechsjährigen Amtszeit als LSC-Vorsitzender den dritten Bauamtsleiter der Stadt und die dritte Konversions-Beraterfirma – alle mussten sich immer erstmal neu einarbeiten, viel Zeit ging ins Land. Jetzt eilt es, dass Nägel mit Köpfen gemacht werden. Das Beste wäre ein runder Tisch, an dem BImA, Stadt, Investoren und LSC gemeinsam in die Zukunft blicken. Immerhin ist es erklärter politischer Wille, dass der Sonderlandeplatz kommt. Ich kann nur hoffen, dass die Mehrheit diese Ratsbeschlüsse auch ernst nimmt.
|